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Neben dem Handspiel ist die Abseitsregel die wohl am meisten diskutierte des gesamten Regelwerkes. Hierzu tragen auch häufig veränderte Auslegungen der Regel bei. Deswegen beschäftigt sich unsere Regelecke diesmal mit der aktuellen Auslegung der Regel 11.
Wie immer bietet sich zunächst der Blick ins Regelheft an. Dort ist gleich zu Beginn der Regel genau definiert, was eigentlich unter einer »Abseitsstellung« zu verstehen ist. Demnach befindet sich ein Spieler in einer Abseitsposition, wenn er »der gegnerischen Torlinie näher ist als der Ball und der vorletzte Gegenspieler.« Es folgt die Einschränkung, dass dies nicht gilt, wenn sich der fragliche Spieler in seiner eigenen Hälfte, auf gleicher Höhe mit dem vorletzten oder mit den letzten beiden Gegenspielern befindet. Aufgehoben ist die Abseitsregel bei Abstoß, Einwurf und Eckstoß.
Wenn man sich nun regelmäßig Fußballspiele im Fernsehen anschaut, wo die übertragenden Sender den Zuschauer mit einer virtuellen Abseitslinie geradezu verwöhnen, kommt hin und wieder die berechtigte Frage auf, auf welches Körperteil denn eigentlich bei diesen vielen sehr knappen Entscheidungen geachtet wird. Die Antwort hierauf ist so einfach wie logisch. Es werden zur Entscheidungsfindung alle Körperteile herangezogen, mit denen man aus dem Spiel heraus auf legale Art und Weise ein Tor erzielen kann. Dies sind der Kopf, der Rumpf und die Beine beziehungsweise die Füße. Von diesen Körperteilen zählt dann dasjenige, das am weitesten vorn ist. Hände und Arme hingegen werden nicht berücksichtigt. Die Bestrafung von Abseits erfolgt im übrigen immer durch einen indirekten Freistoß, den die verteidigende Mannschaft am Ort des Vergehens ausführt.
So weit so gut. Warum aber gibt es bei so klaren Definitionen so derart viele Diskussionen rund um das Thema? Der Teufel steckt ja bekanntlich häufig im Detail und genau so ist es auch beim Abseits. Denn der entscheidende Satz im Regelwerk lautet: »Die Abseitsstellung eines Spielers stellt an sich noch kein Vergehen dar.« Das bedeutet nichts anderes, als dass ein Spieler für das bloße Abseitsstehen noch nicht bestraft wird. Ein Spieler wird nämlich nur dann für seine Abseitsstellung bestraft, wenn er nach Ansicht des Schiedsrichters im Moment der Ballabgabe durch einen Mitspieler, das Leder berührt oder spielt, oder wenn er aktiv am Spiel teilnimmt, indem er ins Spiel eingreift, einen Gegner beeinflusst oder aus seiner Position einen Vorteil zieht. Das viel zitierte »aktive« und »passive« Abseits gibt es dabei übrigens gar nicht. Entweder befindet sich ein Spieler in einer strafbaren Abseitsposition, dann erfolgt auch der Pfiff, oder eben nicht.
Nach einer leicht veränderten Auslegung der Abseitsregel seitens der FIFA 2014 hat die Schiedsrichterkommission des DFB einige Erläuterungen für eine bessere Verständlichkeit herausgegeben. Dabei wird insbesondere auf die Begriffe »Ins Spiel eingreifen«, »Beeinflussen eines Gegenspielers « und »Aus seiner Position einen Vorteil ziehen« eingegangen. Ins Spiel eingreifen heißt nach wie vor, dass ein Spieler den Ball berührt oder spielt, der zuletzt von einem Mitspieler berührt oder gespielt wurde. In diesem Punkt gibt es in der Praxis auch nur wenige Umsetzungs- beziehungsweise Verständnisprobleme. Ein wenig komplizierter wird es schon bei der Beeinflussung von Gegenspielern. Nach der neuen Regelauslegung wird die Abseitsstellung eines Spielers strafbar, wenn dieser Spieler den Abwehrspieler angreift, bedrängt oder einen Zweikampf mit ihm bestreitet. Hier ist es durch die neue Formulierung deutlicher geworden, wann ein Spieler strafbar handelt und wann nicht. Wie vorher auch, bleibt es dabei, dass die Abseitsstellung eines Spielers auch dann strafbar ist, wenn er im unmittelbaren Sichtfeld des Torwarts steht, auch wenn er sich dort an sich ruhig verhält.
Aus seiner Position einen Vorteil ziehen heißt, dass der Spieler aus seiner Abseitsstellung einen Ball spielt, der vom Pfosten, Querlatte oder einem gegnerischen Spieler zurückprallt oder zu ihm abgelenkt wird. In diesen Fällen ist der Spieler wegen seiner Abseitsstellung zu bestrafen. Nicht strafbar ist die Abseitsstellung, wenn der Spieler den Ball von einem gegnerischen Spieler erhält, der den Ball absichtlich spielt, wobei die Absicht des Abwehrspielers, den Ball spielen zu wollen, eindeutig erkennbar sein muss, um die Strafbarkeit der Abseitsposition aufzuheben. In Zweifelsfällen sollen die Schiedsrichter hierbei auf Abprallen beziehungsweise Ablenken des Balles entscheiden und damit die Abseitsstellung bestrafen.
Neu ins Regelwerk ist der Begriff der »absichtlichen Abwehraktion« aufgenommen worden, nach dem ein Spieler für seine Abseitsposition ebenfalls bestraft wird, wenn er aus seiner Abseitsstellung einen Ball von einer absichtlichen Abwehraktion eines Verteidigers erhält. Was zunächst erst einmal revolutionär klingt, ist beim näheren Betrachten allerdings lediglich ein Verfeinern der bisherigen Auslegung. Die Abseitsstellung ist nämlich nur dann strafbar, wenn ein Spieler den aus einer Torabwehraktion eines Abwehrspielers erhält. Die Aktion des Abwehrspielers ist in diesem Fall vergleichbar mit der Abwehr eines Torwartes.
Nachdem das Regeltechnische geklärt ist, bietet sich ein Blick auf die Entscheidungsfindung durch das Schiedsrichter-Team im laufenden Spiel an. Wer einmal einen Schiedsrichter-Assistenten bei seiner Tätigkeit beobachtet hat, wird festgestellt haben, dass sich dieser stets auf Höhe des vorletzten Abwehrspielers bewegt. Auf genau dieser Position kann er nämlich eine Abseitsposition am genauesten erkennen. Wenn man sich im Fernsehen bei einer falschen Abseitsentscheidung einmal das Stellungsspiel des Assistenten anschaut, wird man feststellen, dass er in fast allen Fällen nicht seine ideale Position inne hatte. Minimale Abweichungen können hier schon zu Fehlentscheidungen führen.
Klar dürfte wohl sein, dass der Assistent nur diejenigen Abseitsposition mit der erhobenen Fahne anzeigt, die auch strafbar sind. Solange er sich dabei nur mit einem Angreifer befassen muss, ist das ja noch recht einfach. Wenn ein Ball offensichtlich zu einem Spieler gespielt wird, der sich in einer Abseitsposition befindet, und auch nur dieser Spieler den Ball bekommen kann, hebt der Assistent in dem Augenblick die Fahne, wo er dies erkennt. Was aber macht ein Assistent, wenn er es gleich mit mehreren Angreifern zu tun hat, von denen einige strafbar, einige nicht strafbar und einige sogar überhaupt nicht im Abseits stehen? In diesem Fall muss mit der Abseitsentscheidung schlicht und ergreifend so lange gewartet werden, bis klar erkennbar ist, welcher Spieler ins Spiel eingreift. Hier muss der Assistent dann wissen, ob sich dieser Spieler bei der Ballabgabe im Abseits befand, oder nicht. Das dies mitunter nicht immer leicht ist, weiß man nicht zuletzt aus dem Fernsehen.
In seltenen Fällen kommt es vor, dass der Assistent zwar die Fahne hebt, der Schiedsrichter jedoch nicht pfeift. Wie in allen Fällen ist es nämlich der Schiedsrichter, der die endgültige Entscheidung trifft, und wenn er aufgrund seiner Position zu der Überzeugung gelangt, dass keine strafbare Abseitsposition vorlag, wird er den Assistenten überstimmen und das Spiel laufen lassen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Ball gar nicht von einem Angreifer, sondern einem Verteidiger abgespielt wurde, und der Assistent dies nicht erkennen konnte. Als Verteidiger sollte man sich also nicht darauf verlassen, dass auch wirklich auf Abseits entschieden wird, wenn der Assistent die Fahne hebt. Am sichersten fährt man ohnehin mit der alten Beckenbauer-Weisheit »Abseits ist, wenn der Schiedsrichter pfeift!«