Haben beide vom Zusammenspiel mit Jungs profitiert: Melanie Leupolz (links) und Sara Däbritz
Für Deutschland im Einsatz: Sara Däbritz (links) und Melanie Leupolz
-
-
Mädchen spielen mit Jungen, Jungen spielen mit Mädchen. Das ist wichtig und gut. Für beide Seiten. Während die Jungs vor allem lernen, Rücksicht zu nehmen und von der sozialen Kompetenz der Mädchen profitieren, können sich die Mädchen bei den Jungs in puncto Zweikampfverhalten und Handlungsschnelligkeit etwas abschauen.
Zwei prominente Befürworter des Zusammenspiels von Jungs und Mädels sind die beiden Nationalspielerinnen Sara Däbritz und Melanie Leupolz. Beide haben jahrelang zusammen mit Jungen trainiert und gespielt. Im Interview mit DFB-Redakteur Peter Scheffler sprechen Sie über ihre Ausbildungszeit in DFB- und Landesverbandseinrichtungen, Unterschiede zwischen Mädchen- und Jungenfußball und wie beide Seiten voneinander profitieren können.
Mein Fußball: Wann und wo haben Sie zum ersten Mal Fußball gespielt?
Sara Däbritz: Angefangnen habe ich mit Freunden zusammen auf der Straße und im Garten. Einer der Jungs war auch bei uns im Dorfverein (SpVgg Ebermannsdorf, Anm. d. Red.). Als ich fünf Jahre alt war, hat er mich dann mal mit ins Training genommen. Das hat mir so gut gefallen, dass ich mich gleich angemeldet habe.
Melanie Leupolz: Ich bin direkt neben dem Sportplatz groß geworden. Da kommt man zwangsläufig in Kontakt mit Jungs und Fußball. Als ich fünf war, bin ich dann beim TSV Ratzenried eingetreten, als einziges Mädchen im Team.
Mein Fußball: Wie lange haben Sie zusammen mit Jungen Fußball gespielt?
Däbritz: Bis ich 16 war, sowohl bei der JFG Vilstal als auch bei der Spielvereinigung Weiden, die auch ein BFV-Nachwuchsleistungszentrum sind. Dort habe ich mit den B-Junioren in der Landesliga und teilweise in der Bayernliga gespielt. Von Weiden bin ich dann zum SC Freiburg gewechselt.
Leupolz: Bei mir waren es acht Jahre.
Mein Fußball: Wo liegen die Unterschiede zwischen dem reinen Mädchenfußball und dem Fußball in gemischten Teams?
Däbritz: Das Spiel der Jungs ist athletischer und körperbetonter. Es ist viel schwieriger, sich im eins-gegen-eins durchzusetzen. Und Handlungsschnelligkeit ist gefragt: Man kann nicht mal eben einen Gegner umspielen, um Zeit zu gewinnen.
Leupolz: Ab der C-Jugend wurde die körperliche Überlegenheit wirklich spürbar. Da musste ich mich in jedem Training reinkämpfen, um mitzuhalten. Es war wirklich gut, so lange wie möglich dort mitzutrainieren.
Mein Fußball: Wie war das bei Punktspielen: Haben die Gegner bei Ihnen auch mal zurück gezogen oder nicht?
Leupolz: Nein, eher das Gegenteil. Ich habe die Gegner öfters vor den Spielen sagen hören: `Schau mal, da ist ein Mädel dabei, heute gewinnen wir.` Das hat mich natürlich zusätzlich motiviert. Wenn ich dann ein paar Tore gemacht habe, wurden sie richtig sauer. Mein Trainer hat mich dann ab und zu vom Platz genommen, damit es nicht eskaliert. (lacht)
Däbritz: Bei mir war es genauso. Es hat die Jungs richtig aufgeregt, wenn ich sie ausgespielt habe. Da haben sie sich provoziert gefühlt. In dem Alter wollen die Jungs ja noch nichts mit Mädchen zu tun haben…
Mein Fußball: Ihre Mannschaftskollegen hatten allerdings gar keine andere Wahl. Wie war denn das Verhältnis innerhalb der Mannschaft?
Leupolz: Sehr gut. Da ich von Beginn an in der Mannschaft gespielt habe, war es nie ein Thema. Wir hatten wirklich viel Spaß zusammen. Wenn wir uns heute wieder sehen, höre ich öfters, dass sie mich gerne noch in ihrer Mannschaft hätten.
Däbritz: Obwohl ich in drei verschiedenen Jungsteams gespielt habe, kann ich das nur bestätigen. Ich wurde immer super aufgenommen und verstehe mich noch heute mit vielen gut.
Mein Fußball: Wenn Sie nun als Bundesliga- und Nationalspielerinnen zurückblicken: Was konnten Sie sich für Ihr Spiel konkret bei den Jungs abschauen?
Däbritz: Ich habe vor allem gelernt, den Ball auch in Drucksituationen zu behaupten und meinen Körper einzusetzen.
Leupolz: Genau und die Bälle nicht so lange zu halten. Am besten schon vor der Ballannahme zu wissen, wo ich ihn hinspiele. Im Kopfballspiel und in den Zweikämpfen lernt man, robust zu sein und gegenzuhalten.
Mein Fußball: Mal umgekehrt gefragt: Was konnten die Jungen denn von Ihnen lernen in der Zeit, die sie zusammen verbracht haben?
Däbritz: Naja, Jungs untereinander werden ja schnell aggressiv. Ich musste so manchen Streit schlichten…
Leupolz: Das war bei uns ähnlich. Mädchen sind halt ein bisschen vernünftiger. Deshalb konnte ich den ein oder anderen Unfug verhindern oder zumindest eingrenzen (lacht) .
Mein Fußball: Sie haben beide einen DFB-Stützpunkt besucht. Wie waren hier Ihre Erfahrungen?
Däbritz: Ich habe einige Jahre an den Stützpunkten Kümmersbruck-Theuern (2005 - 2010) und Weiden (2010 - 2011) verbracht und sogar in der Ostbayern-Auswahl der Jungs mitgespielt. Das Niveau war noch stärker als im Verein und für mich eine besondere Herausforderung mit den größten Talenten der Region zusammen zu spielen.
Leupolz: Ich war am Wangener Stützpunkt. Unsere Trainer haben uns viel von Spielern erzählt, die sich am Stützpunkt weiter entwickelt und es bis zu den Profis geschafft haben. Das war für uns alle Anreiz, dort richtig Gas zu geben.
Mein Fußball: Sie haben auch die Nachwuchsmannschaften des DFB kennen gelernt, von der U 15 bis zur U 20. Welche Erinnerungen verbinden Sie damit?
Däbritz: Vor allem natürlich die tollen Turniererfahrungen wie unseren EM-Titel 2012 mit der U 17 oder den vierten Platz bei der U 17-WM 2012. Das sind Highlights, die ich nie vergessen werde. Aber auch die Niederlagen auf diesem Niveau haben mich weiter gebracht.
Leupolz: Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich an mein erstes U 15-Länderspiel zurückdenke. Das erste Mal den Adler auf der Brust tragen, Deutschland zu repräsentieren: Das macht einen so stolz, dass man immer wieder eingeladen werden möchte. Dafür lohnt es sich auch, zuhause Extraschichten einzulegen.
Mein Fußball: Was bedeutet Extraschichten konkret?
Leupolz: Im Vereinstraining kann der Trainer nicht auf alle Schwächen der Spielerinnen individuell eingehen. Also liegt es an einem selbst, ob man in seiner Freizeit noch etwas zusätzlich macht, um daran zu arbeiten. Bei uns ist das entweder eine Einheit im Kraftraum oder zusätzliches Lauftraining.
Mein Fußball: Der Aufwand lohnt sich: Sie haben beide schon zwei Fritz-Walter-Medaillen erhalten (Däbritz: Silber und Bronze, Leupolz: Gold und Bronze). Wie schön ist es, auch in einer Mannschaftssportart einmal individuell ausgezeichnet zu werden?
Däbritz: Das ist natürlich eine Bestätigung für die viele Schufterei. Es macht mich sehr stolz, vor allem, wenn ich sehe, welche Spielerinnen und Spieler diese Auszeichnung bereits vor mir bekommen haben.
Leupolz: Die Fritz-Walter-Medaille belohnt auch das Verhalten außerhalb des Platzes. Wenn die Juroren finden, dass auch man hier vorbildlich war, freut mich das. Außerdem ist es ein tolles Event für uns Nachwuchsspielerinnen und –spieler.
Mein Fußball: Frau Däbritz, Sie besuchen neben der Fußballkarriere noch die Schule. Wie lässt sich das vereinbaren?
Däbritz: Richtig. Ich mache nächstes Jahr mein Abitur auf der Wirtschaftsoberschule in Waldkirch. Dort werde ich hervorragend unterstützt. Ob Nachhilfe, Prüfungen verschieben oder Fehlzeiten entschuldigen. Uns wird überall geholfen, damit wir neben dem Fußball einen guten Schulabschluss machen können.
Leupolz: Das kann ich bestätigen. Ich habe dort im April 2013 mein Abi gemacht und sogar mal eine Prüfung auf einer DFB-Maßnahme nachgeschrieben. Momentan studiere ich Volkswirtschaftslehre und ab Januar dann Sportmarketing. Die Fehlzeiten lassen sich im Studium besser kompensieren als in der Schule. Man darf es natürlich nicht vernachlässigen, aber als Sportlerin weiß ich, wann es drauf ankommt.