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Provokationsregeln bestimmen den 'geheimen Lehrplan'. Dabei gilt es, die Rahmenbedingungen von Übungen und Spielen so zu gestalten, dass sie z. B. exakt eine gewünschte Spielweise akzentuieren. Diese braucht der Trainer seinen Spielern so gar nicht mitzuteilen, die gewählten Praxisformen ergeben das gewünschte Trainingsziel ganz automatisch! Diesen Ansatz, den Volker Finke als Trainer des SC Freiburg entwickelte, haben wir in Teil 1 unserer Minireihe zum Thema näher erläutert (siehe 'Themenverwandte Links'). Dabei haben wir Parameter vorgestellt, die den Ablauf von Spielformen entscheidend beeinflussen und die es entsprechend anzupassen gilt. Im zweiten Teil unserer Beitragsreihe stellt Arne Barez zu den verschiedenen Steuerungskomponenten geeignete Trainingsformen vor. Hierfür hat er sich Praxisinhalte von namhaften Trainern und Institutionen einmal näher angesehen und diese in der Praxis getestet.
In dieser Trainingsform vom VfL Bochum tummeln sich viele Spieler auf kleinem Raum. Der Raum-, Zeit- und Gegnerdruck ist extrem hoch und erfordert neben Konzentration und Übersicht vor allem technisches Geschick. Da sich die Spielsituationen zudem sehr schnell ändern, müssen in kürzester Zeit neue Lösungswege erkannt und flexibel umgesetzt werden. Gleichzeitig reduzieren sich die konditionellen Anforderungen (kürzere Laufstrecken), weshalb diese Spielform bereits nach dem Einlaufen oder einer ersten Aufwärmphase durchgeführt werden kann.
Die Torbildung (zwei Angriffspunkte) sowie die Zusatzregel, dass zehn Zuspiele in Folge ebenfalls einen Punkt ergeben, sind wichtig, damit der Spielfluss erhalten bleibt und sich kein Team ausschließlich auf die Torverteidigung konzentrieren kann. Die Möglichkeit, einen beliebigen Ball einzuspielen, sollte genutzt werden, um günstige Anschlussaktionen einzuleiten.
Steht den Spielern dagegen mehr Raum zur Verfügung, gewinnen konditionelle Aspekte an Bedeutung. Zudem kommt es häufiger zu dynamischen 1-gegen-1-Situationen, in denen ein Angreifer auf einen Verteidiger zudribbelt, um diesen durch eine einfache Finte oder einen plötzlichen Tempowechsel zu verladen und in dessen Rücken vorzustoßen. Um sowohl positionsspezifische Freilaufbewegungen als auch dynamische Einzelaktionen zu provozieren, ließ Ricardo Moniz in seiner Zeit als Trainer beim Hamburger SV in dieser Spielform auf halbem Platz mit direkter Zuordnung spielen.
Die Angreifer wurden aufgefordert, durch abgestimmte Laufwege Räume zu öffnen und in diese hineinzustarten. Anschließend sollte der Angriff durch schnelles Andribbeln und einige wenige Zuspiele (keine unnötigen Rückpässe) zielstrebig abgeschlossen werden. Die Verteidiger sollten ebenfalls möglichst aktiv verteidigen und nach einer Balleroberung sofort auf Angriff umschalten.
Einen interessanten Spielfeldausschnitt wählte Ralf Rangnick bei einer BDFL-Fortbildung in Hoffenheim. Um das Vertikalspiel über eine Spielfeldseite zu akzentuieren, markierte er ein Feld in der Form einer Banane. Dadurch wurde der Spielaufbau automatisch auf den Flügel gelenkt. Von dort sollte unter hohem Gegnerdruck zielstrebig in die Tiefe kombiniert werden. Provoziert wird dieses Verhalten durch den schmalen Spielfeldausschnitt im Bereich der Mittellinie sowie Zusatzregeln, die das Passspiel regulieren.
Können sich die Angreifer am Flügel durchspielen, bietet der in Tornähe breiter werdende Ausschnitt ausreichend Platz für spielnahe Anschlussaktionen. Bei einem geraden Schnitt ist der Raum- und Zeitdruck am Flügel deutlich geringer. Dafür können die Abläufe aus den exakten Wettspielpositionen eingeübt und das konkrete Verhalten beim Herausspielen von Torchancen über den Flügel erläutert werden.
Eine weitere Möglichkeit, das Spielfeld zu manipulieren, ist die Markierung einer Tabuzone, die weder durchlaufen noch durchspielt werden darf. Spielform 2 simuliert das Angriffsspiel gegen einen kompakt verteidigenden Gegner. Die Passwege ins Zentrum sind verstellt, Torchancen müssen über die Flügel herausgespielt werden. Im Vergleich zum Spiel in der Banane haben die Angreifer nun die zusätzliche Möglichkeit, das Spiel durch eine schnelle Passfolge über die Innenverteidiger oder einen Flugball über die Tabuzone (erlaubt!) zu verlagern. Dies ist umso vielversprechender, da die Verteidiger beim Verschieben die Tabuzone umlaufen müssen.
In dieser Spielvariante des PSV Eindhoven (Quelle: BDFL-Fortbildung) wird das Spielverhalten durch die Einteilung des Spielfeldes in zwei Zonen so manipuliert, dass die verteidigende Mannschaft in der Ausgangssituation (Phase 1) stets im Angriffspressing agiert.
Die Angreifer müssen das Spiel unter Druck eröffnen und bei Gelegenheit in die Tiefe kombinieren. Die Vorgabe, eine Spielfeldhälfte komplett zu räumen, schafft dabei den nötigen Raum für einen Pass oder Flugball in den Rücken der Abwehr. Dies zwingt die Verteidiger dazu, den Ballführenden im Pressing konsequent unter Druck zu setzen, um genau dies zu verhindern.
Gelingt der Spielaufbaumannschaft der Durchbruch, spielt sie den Angriff möglichst bis zum Torabschluss durch, rückt geschlossen nach und stellt den Gegner in seiner Spielfeldhälfte zu. So ergibt sich stets eine Konstellation, in der ein Team hoch verteidigt, während das andere das Spiel unter Druck aufbaut.
Das spielnahe Training des Konterspiels setzt eine Balleroberung voraus, nach der aus einer günstigen Position auf Angriff umgeschaltet werden kann. Um diese Spielsituationen zu provozieren und die für ein effektives Training des Konterspiels notwendige Wiederholungszahl zu erreichen, werden Angreifern und Verteidigern in Spielform 2 (Quelle: BDFL-Fortbildung/leicht abgeändert)
Zonen zugewiesen. Die Überzahl der Verteidiger in Zone 3, das enge Spielfeld und die Zusatzregel, dass die Angreifer hier nicht zurückpassen dürfen, provozieren viele Ballverluste.
Das Ausspielen der Kontersituationen wird durch die Mittelzone erleichtert. Da die gegnerischen Innenverteidiger Zone 1 nicht verlassen dürfen, kann sich Spieler 9 in Zone 2 ‘ungestört’ anbieten, Zuspiele ablegen oder sich mit Ball in die Spielrichtung aufdrehen. Zeitdruck entsteht durch die nachrückenden Verteidiger, so dass eine zielstrebige Konteraktion gewährleistet bleibt.
Neben den vorgestellten Praxisformen gibt es weitere Parameter, mit denen sich bestimmte Verhaltensweisen akzentuieren lassen. Das 'Spielziel', die 'Spielregeln' sowie die 'Torbildung' sind Steuerungskomponenten, die in Teil 3 unserer Beitragsreihe vorgestellt werden. Auch hierzu stehen geeignete Praxisformen mit ausführlichen Erläuterungen zur Verfügung. Der Beitrag erscheint am Mittwoch, 14. Juni 2017.