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Auch in der Flyeralarm Frauen-Bundesliga ist der FC Bayern in dieser Saison das Maß aller Dinge. Mit sagenhaften 16 Siegen aus 16 Spielen, lassen die Münchner Frauen bislang sogar den bisherigen Branchenprimus aus Wolfsburg hinter sich. Höchste Zeit also, einmal genau drauf zu schauen, was die Mannschaft von Jens Scheuer so stark macht.
Scheuer setzt auf ein 4-2-3-1, bzw. 4-3-3 "offensiv" mit spielstarker Zentrale und agilen Außenspielerinnen. Lina Magull spielt dabei eine elementare Rolle. Meist im defensiven Mittelfeld aufgeboten, stellt sie immer wieder die Verbindung zur Offensivabteilung her und nutzt dazu ihr präzises und scharfes Passspiel, oder sie überbrückt selbst mit dem Ball am Fuß das Mittelfeld. Ihre offensiven Vorstöße werden meist von der Österreicherin Sarah Zadrazil abgesichert, die sich nach ihrem Wechsel und der entsprechenden Eingewöhnungsphase zu Beginn der Saison mittlerweile festgespielt hat.
Auch sonst ist die zentrale Achse der Bayern mit Top-Spielerinnen gespickt. Angefangen bei Nationaltorhüterin Benkarth, über Bayern-"Urgestein" und -Rekordspielerin Wenninger in der Innenverteidigung bis hin zur Top-Torjägerin Lea Schüller in der Sturmspitze steht den Bayern Spiel für Spiel der richtige Mix aus Zuverlässigkeit und individueller Qualität zur Verfügung.
Auch Simone Laudehr spielt trotz ihrer vermehrten Kurzeinsätze weiterhin eine wichtige Rolle. Mit mehr als 100 Länderspielen ist die Welt- und Europameisterin ein nahbares Vorbild für die jungen, aufstrebenden Spielerinnen bei den Bayerinnen und hat auch auf Vereinsebene bereits alles gewonnen. Noch heute bringt sie ihre enorme Erfahrung und Strahlkraft regelmäßig mit auf den Platz.
Mit Klara Bühl, Sydney Lohmann und Giulia Gwinn haben die Bayern-Frauen außerdem drei der wohl spannendsten deutschen Spielerinnen für die Zukunft in ihren Reihen. Gwinn, die aktuell wegen eines Risses des vorderen Kreuzbandes und weiteren strukturellen Schäden im rechten Knie passen muss, war noch im Rahmen der WM 2019 in Frankreich zur besten jungen Spielerin des Turniers gewählt worden.
Dafür blüht Lohmann in dieser Saison richtig auf. Neun ihrer 13 Bundesligatreffer erzielte sie allein in dieser Spielzeit. Ebenfalls neun Saisontore hat die 20-Jährige Klara Bühl auf dem Konto. Die beidfüßige Außenstürmerin ist genau wie Gwinn und Lohmann im Aufgebot der Nationalmannschaft zu finden und hat für diese in 15 Einsätzen bereits siebenmal getroffen. Alle drei stehen für den modernen, aufstrebenden Frauenfußball. Sie sind leichtfüßig aber dennoch zielstrebig und darüber hinaus mit viel Spielintelligenz und Dynamik ausgestattet.
Auch Lea Schüller gehört mit ihren 23 Jahren noch zu den jüngeren Spielerinnen im Kader und konnte sich in der vergangenen Saison bei der SGS Essen mit 16 Toren in 22 Spielen für die Aufgabe beim FCB empfehlen. Ihr gutes Positionsspiel paart sich mit einer hohen Geschwindigkeit und einem sauberen Torabschluss, weshalb sie auch in dieser Saison wieder zu den besten Torjägerinnen der Liga zählt.
Die Bayern-Frauen sind nicht abhängig von einer einzelnen Torjägerin, sondern haben viele torgefährliche Spielerinnen im Team, die sich auf die komplette Offensivreihe verteilen. Hinzu kommt die ständige Rotation, die dafür sorgt, dass im Grunde nie die elf gleichen Spielerinnen von Beginn an auf dem Platz stehen. Somit ist es schwer, das Spiel des FC Bayern zu berechnen.
Wenn Schüller im Zentrum verstärkt bewacht wird, ist auf dem Flügel meist viel Platz für Bühl. Versucht man hingegen, die Außenspielerinnen der Bayern nicht ins Tempo kommen zu lassen, finden die Münchnerinnen den direkten Weg zum Tor durch die Zentrale. Auffällig ist dennoch, dass die FCB-Frauen gerne den Flügel nutzen, um sich selbst den Weg durch das Zentrum zu öffnen, oder von der Grundlinie aus die Flanke in den Strafraum zu schlagen.
Vor allem das Kreuzen verschafft den Flügelspielerinnen immer wieder die Möglichkeit, in die Mitte zu ziehen und selbst torgefährlich zu werden. Aus dem Zentrum zieht dann eine Spielerin nach außen weg, um ihre Gegenspielerin kurzzeitig zu binden und in Schwierigkeiten bei der Übergabe zu bringen. Aus diesem zeitlichen Vorteil schlagen die Bayern immer wieder Profit in Form von gefährlichen Torchancen. Wenn die Gegnerinnen allerdings die Mitte dicht halten, bringen die Flügelspielerinnen der Bayern auch genügend Qualität im 1 gegen 1 und bei der anschließenden Flanke mit, um Torabschlüsse zu generieren.
Magull positioniert sich im Spielaufbau als Rechtsverteidigerin, dribbelt an und zwingt so die Gegenspielerinnen, in Richtung Außenbahn zu verschieben. Mit der scharfen Hereingaben ins Zentrum wird der gegnerische Defensivverbund fast bis an den Strafraum zurückgedrängt, wodurch im Rückraum eine Menge Platz für Torschützin Zadrazil entsteht.
Magulls Flugball hinter die Kette erreicht Bühl, die die Halbspur hält. Auf der linken Seite wird sie von Ilestedt unterstütz, während auf der gegenüberliegenden Seite Asseyi die Breite hält. Dadurch wird die Wolfsburger Abwehrkette trotz der Nähe zum Tor enorm weit auseinandergezogen. Dies ermöglicht einen verhältnismäßig unbedrängten Angriff.
Schüller (eigentlich als zentrale Stürmerin aufgeboten) bindet am Flügel gleich drei Gegenspielerinnen. Mit einem schnellen Antritt startet sie diagonal zum Tor, wodurch die Lücke für den Tiefenpass von Bühl entsteht.
Die Frauen des FCB verteidigen extrem selbstbewusst nach vorn, setzen ihre Gegenspielerinnen aggressiv unter Druck und schaffen es immer wieder, schnell und ohne große Umwege vertikal den Weg in die Tiefe Richtung Tor zu finden. Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte sind Ausgangspunkt vieler Bayern-Tore, und auch hier zeigt sich allen voran Lina Magull produktiv. Ihr Timing im Zweikampf sorgt für viele Ballgewinne, nach denen der folgende Tiefenpass die gegnerische Hintermannschaft noch in der Vorwärtsbewegung kalt erwischt. Die schnellen Spitzen haben dann einen entscheidenden Bewegungsvorteil und können ihr Tempo optimal ausspielen.
Glas erkennt die Situation der Gegenspielerin, setzt sie von hinten stark unter Druck und nutzt den technischen Fehler zum Ballgewinn. Mit dem ersten Kontakt spielt sie direkt vertikal in die Tiefe, während sich Beerensteyn ein Stück nach außen absetzt, um die Außenverteidigerin zu binden. So kann Bühl ihren Bewegungsvorteil richtig ausnutzen, mit dem Pass hinter die Kette einlaufen und schließlich den Treffer vorbereiten.
Magull setzt ihre Gegenspielerin von hinten stark unter Druck und provoziert einen technischen Fehler im Aufbauspiel. Über Beerensteyn landet der Ball schließlich wieder bei Magull, die sich nun nach außen orientiert, wo Schüller die Position von Beerensteyn einnimmt. Zadrazil bindet mit ihrer Bewegung in die Mitte bewusst die Außenverteidigerin, sodass die Bayern den rechten Flügel problemlos überladen und schließlich das Eigentor erzwingen können.
Wieder ist es Magull, die aus der Ferne erkennt, dass sich die Bremer Aufbauspielerinnen stark unter Druck befinden. Dementsprechend verlässt sie ihre Position im defensiven Mittelfeld und verteidigt mutig nach vorn, um den einzig möglichen Pass abzufangen und direkt den Gegenangriff einzuleiten.
Magull kommt in der Liga bereits auf zehn Assists und ist damit die Top-Vorlagengeberin beim FC Bayern. Die 26-jährige ist nicht nur Mittelfeldmotor, sondern auch die ausgemachte Standardspezialistin bei den Bayerinnen. Gerade bei Freistößen aus dem Halbfeld und Eckbällen von der linken Seite zeigt sie ihre perfekte Schusstechnik, mit der sie weite Flugbälle mit dem richtigen Schnitt in Richtung Tor versieht und diese somit brandgefährlich macht.
Flanken auf den ersten Pfosten sind aufgrund der im Schnitt geringeren Körpergröße charakteristisch für den Frauenfußball, was sich die Münchenerinnen zu Nutze machen. Sie hebeln die Gewohnheiten bewusst aus und bringen ihre Standards in aller Regel auf den ballfernen, binden die Gegenspielerinnen aber bewusst am ballnahen Pfosten.
Doch die Flanke allein reicht natürlich nicht aus. Als Abnehmerin zeigt sich vor allem Marina Hegering immer wieder dankbar, wenn zuvor viele Gegenspielerinnen am ersten Pfosten gebunden wurden und sie sich in der Folge in den Rücken der Abwehr absetzen und dort verwandeln kann. Bereits sechs Treffer hat die Abwehrspielerin erzielt – den Großteil davon nach Standards – und ist damit, trotz einer Körpergröße von nur 1,71 Metern, die torgefährlichste Verteidigerin der Liga.
Magull schlägt eine Freistoßflanke mit viel Schnitt in Richtung Tor. Asseyi führt als Einzige den Lauf in Richtung des ballfernen Pfostens aus, während ihre Mitspielerinnen zum ballnahen Pfosten starten und so die Aufmerksamkeit der Gegenspielerinnen auf sich ziehen. Folgerichtig kommt Asseyi im Strafraum frei zum Kopfball und trifft.
Lohmann setzt sich bei Magulls Eckstoß aus dem Fünfmeterraum nach hinten ab, während ihre Mitspielerinnen in die Gegenbewegung zum ballnahen Pfosten starten und dort die Gegenspielerinnen binden. Somit kommt Lohmann relativ unbedrängt an den Ball und kann per Kopf verwandeln.
Diesmal binden die Bayern-Frauen ihre Gegenspielerinnen direkt in einer "Traube" am ballnahen Pfosten. Hegering bleibt etwas dahinter in Bewegung, um ihrer Gegenspielerin zu entwischen. Als diese sich schließlich ganz auf den Ball fokussiert, nutzt Hegering die Chance, sich von ihr abzusetzen und trifft.
Wieder werden die Gegenspielerinnen der Bayerinnen am ballnahen Pfosten gebunden. Hegering startet schließlich von etwas weiter hinten mit dem Eckstoß von Magull in Richtung des ballfernen Pfostens, wo sie völlig unbedrängt einköpfen kann.
Die "perfekte Saison" wird es für die Frauen des FC Bayern München zwar nicht mehr geben – schließlich verloren die FCB-Frauen zuletzt erstmals in dieser Saison ein Pflichtspiel (0:2 im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen den VfL Wolfsburg). Dennoch ist der Vorsprung in der Bundesliga komfortabel und die Vorzeichen damit vielversprechend.
Im Halbfinale der UEFA Champions League treffen die Bayern-Frauen auf die Mannschaft vom FC Chelsea mit Europas Fußballerin des Jahres 2020 und der ehemaligen Bundesliga-Torschützenkönigin der Saison 2019/20 – Pernille Harder. Die Fußballerinnen von der Stamford Bridge schlugen die Vorjahresfinalistinnen aus Wolfsburg souverän mit 3:0 und 2:1. Auch die Titelverteidigerinnen von Olympique Lyon sind noch im Rennen, müssen aber im Frankreich-Duell mit den Frauen von Paris Saint-Germain nach einem knappen 1:0-Hinspielsieg auch im Rückspiel noch einmal alles geben, um ihre Titelansprüche zu zementieren.
Auf die Münchnerinnen wartet also noch ein straffes Programm. Doch mit dem Double im Blick und der Motivation als letztes deutsches Team im Wettbewerb kann die Saison durchaus zu einem erfolgreichen Ende gebracht werden.