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Komplextraining mit entgegengesetzten Schwerpunkten

Fußball ist ein komplexes und dynamisches Spiel, in dem fortlaufend neue Szenarien entstehen, die unterschiedliche Anforderungen an die Akteure auf dem Platz stellen. Das macht unseren Sport spannend und attraktiv, erschwert allerdings sicherlich auch hin und wieder die Trainingsarbeit. Schließlich wäre es doch deutlich einfacher, wenn es wirklich nur um Tore schießen und Gegentreffer vermeiden gehen würde, oder?

Schwerpunkte setzen – Lernziele erreichen

Typische methodische Prinzipien wie "Vom Leichten zum Schweren", "Vom Einfachen zum Komplexen" oder "Vom Bekannten zum Unbekannten" sollten allen Trainern ein Begriff sein. Sie helfen dabei, eine Trainingseinheit oder gar ganze Trainingsperioden sinnvoll aufeinander aufzubauen und so bestenfalls das übergeordnete Lernziel zu erreichen. Doch wie definiert sich eigentlich ein Lernziel? Und welche Schwerpunkte müssen im Training gesetzt werden, um dieses mit Hilfe der richtigen Methodik auch zu erreichen? Klassischerweise liefert dafür die Hinrundenanalyse Anhaltspunkte.

Waren Trainer*innen in der Hinrunde etwa mit der Chancenverwertung ihres Teams unzufrieden, so stand für die Rückrundenvorbereitung sicher einiges an Offensivtraining auf dem Plan: das "Herausspielen und Verwerten von Torchancen". Sobald technisch-taktische Schwerpunkte wie das Spiel in die Tiefe und der Torabschluss den Charakter der Trainingseinheiten ausmachen, muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Abwehrarbeit in dieser Zeit vernachlässigt wird – im Gegenteil!

Die vier Spielphasen

Der "Kreislauf des Spiels" – die vier Spielphasen – sind gemeinhin der eigene Ballbesitz, das Umschalten nach Ballverlust, der gegnerische Ballbesitz und das Umschalten nach Ballgewinn. Und so wie sich diese vier Phasen in einem Spiel fortlaufend in immergleichem Zyklus wiederholen, so können sie auch in den Trainingsalltag integriert werden:

Trainingsformen mit gruppen- oder mannschaftstaktischen Schwerpunkten eignen sich hierfür besonders gut. Im Normalfall spielt dabei "Angriff gegen Abwehr" mit fester Spielrichtung und in den entsprechend relevanten Räumen, die auch am Wochenende genutzt werden sollen. Wird also das Herausspielen und Verwerten von Torchancen über den Flügel trainiert, bedeutet das gleichzeitig, dass defensive Schwerpunkte wie die Flanken- und Strafraumverteidigung gesetzt werden können. Außerdem sollte den Verteidigern stets eine Kontermöglichkeit in Form von Minitoren, Dribbellinien usw. geboten werden, um auch das Umschalten nach einem Ballgewinn zu schulen. Für die Angreifer bedeutet das wiederum, dass sie nach einem Ballverlust ebenfalls umschalten und entsprechende Vorgaben – beispielsweise hinsichtlich Gegenpressing – umsetzen müssen.

So lassen sich in einem Komplextraining im Grunde alle vier Spielphasen gleichzeitig trainieren. Dadurch werden alle Mannschaftsteile gleichsam gefordert. Der Defensivabteilung bringt ihr so die gleiche Wertschätzung und Bedeutung entgegen wie auch den Angreifern. Stehen mehrere Trainer*innen zur Verfügung, so könnt ihr euch auch aufteilen und jeweils das Coaching für eine der beiden Mannschaften übernehmen.

Umsetzung in die Praxis

In der Praxis bedeutet das konkret: Sprecht mit eurem Team über die Ergebnisse eurer Analysen und informiert sie über die anstehenden Trainingsmaßnahmen. Stellt euren geplantenTrainingszyklus vor und teilt der Mannschaft eure Erwartungen mit. So werden die Spieler*innen auf dem Platz nicht kurzfristig von dem komplexen "Input" überrascht und erschlagen, sondern können sich eigenständig mental auf die anstehenden Aufgaben vorbereiten.

Formuliert die Lernziele dabei so, dass sich immer zwei Ziele unmittelbar gegenüberstehen und das eine nicht zwingend mehr Gewicht als das andere hat. Aus "Herausspielen und Verwerten von Torchancen" kann also besser "Herausspielen und Verwerten von Torchancen vs. Verteidigen auf der letzten Linie und Strafraumverteidigung" werden! So könnt ihr sichergehen, auch bei nur wenigen Trainingseinheiten im Wochenverlauf keine wertvolle Zeit liegen zu lassen und alle Spieler*innen gleichermaßen zu fördern.

So wollt ihr auch trainieren? Nachstehend zeigen wir geeignete Trainingsformen mit entsprechenden Steuerungsmitteln für ein wirkungsvolles Komplextraining.

Organisation

  • Ein strafraumbreites Feld von der Grund- bis zur Mittellinie mit 2 Toren und Torhütern markieren.
  • Im Feld 4 Minitore aufstellen und durch Hütchen dem jeweiligen Team zuweisen.

Ablauf

  • 8 gegen 8 mit Abseits.
  • Jedes Team greift auf 3 Tore an.

Wirkung der Steuerungsmittel

  • Aufgrund der Minitore im Feld müssen die Verteidiger hoch pressen.
  • Gleichzeitig muss der Raum zwischen den Minitoren im Feld und dem Tor kontrolliert werden.

Organisation

  • Einen doppelten Strafraum mit 2 Toren und Torhütern und Mittellinie auf 50 Meter verbreitern.
  • 2 6er-Teams bilden und auf die Zonen verteilen.

Ablauf

  • 6 plus 2 Flügelspieler gegen 6 plus 2 Flügelspieler.
  • Die Flügelspieler bleiben fest in ihren zugewiesenen Zonen, spielen mit maximal 3 Kontakten und dürfen nicht attackiert werden.

Wirkung der Steuerungsmittel

  • Da die Flügelspieler nicht attackiert werden, können sie sich auf die Hereingabe konzentrieren. Die Verteidiger hingegen fokussieren sich auf die Box- und Querpassverteidigung.
  • Da sie mit 3 Kontakten spielen, kommt es zu frühen Hereingaben und weniger Zeit zur Organisation für die Verteidiger.

Organisation

  • Zwischen den Strafräumen mit 2 Toren und Torhütern ein 50 Meter breites Feld mit je 2 End- und Außenzonen (Tiefe und ­Breite: je 6 ­Meter) sowie einer 30 Meter tiefen Mittelzone markieren.

Ablauf

  • 9 gegen 9.
  • Angreifer dürfen in Ballbesitz nicht in ihrer eigenen Endzone attackiert werden. Sie müssen nach maximal 3 Pässen in die Mittelzone passen.
  • 6 Pässe in Folge in der Mittelzone ergeben 1 Punkt.
  • Treffer nach Pass in die gegnerische Endzone (Eishockey-Abseits) oder nach Durchbruch über die Außenzone zählen doppelt.

Wirkung der Steuerungsmittel

  • Die Punktwertung in der Mittelzone forciert die Ballzirkulation im Übergangsspiel.
  • Die Endzone vor dem eigenen Tor hilft, sich bei hohem Druck nach hinten als „Anker“ abzusetzen.

Fußballtraining Kartothek zum Komplextraining

Seid ihr auf den Geschmack gekommen? Bei philippka ist eine Fußballtraining Kartothek mit 50 Trainingskarten zum "Komplextraining" erschienen. Den Link zu diesen Übungen und Spielen sowie zahlreiche weitere geeignete Informationen zu dieser Trainingsmethodik findet ihr unten unter "Themenverwandte Links".