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"Laktattest ist optimal für die Trainingssteuerung"

Jeder kennt die Bilder aus dem Profibereich. Die Spieler stehen am Rand der Tartanbahn und sind außer Atem. Mannschaftsärzte rücken ihnen mit kleinen Nadeln zu Leibe. Der Grund: der obligatorische Laktattest zu Beginn der Saisonvorbereitung. Wie so ein Laktattest genau abläuft, was man anhand der Ergebnisse erkennt und ob sich so etwas auch für den Amateurbereich lohnt, das erfahren Sie im Interview mit Prof. Dr. Tim Meyer, Mannschaftsarzt der Nationalmannschaft.

Frage: Herr Meyer, wie genau funktioniert ein Laktattest?

Prof. Dr. Tim Meyer: Ein Laktattest im Fußball ist ein stufenweise ansteigender Lauftest. Die Geschwindigkeit wird in regelmäßigen Intervallen, meist nach 3-5 Minuten, gesteigert. Im Standardtest des Deutschen Fußball-Bundes wird beispielsweise wird mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h begonnen. Dann wird die Geschwindigkeit stufenweise nach 3 Minuten um jeweils 2 km/h erhöht, bis der Fußballer abbrechen muss. Am Ende jeder Stufe wird aus dem Ohrläppchen ein kleiner Tropfen Blut entnommen. Und aus diesem Tropfen wird der Laktatwert ermittelt, genauer gesagt: die Konzentration von Laktat im Blut. Das Gute an den Laktattests ist, dass sie auch ohne maximale Ausbelastung präzise funktionieren. Eine Alternative zum Laktattest ist die Messung der maximalen Sauerstoffaufnahme auf dem Laufband. Aber dafür muss sich der Sportler wirklich restlos verausgaben, ansonsten haben die Messungen keine Aussagekraft. Das ist beim Laktattest anders.

Frage : Welche Erkenntnisse werden über den Laktatwert gewonnen?

Meyer: Wenn wir über die Laktatwerte verfügen, können wir eine Kurve zeichnen: Auf der X-Achse die Geschwindigkeit, auf der Y-Achse die Blutlaktatkonzentration. Für jede Stufe wird ein Kreuz gesetzt, und die Kreuze werden dann miteinander verbunden. Mit der entstehenden Kurve kann Leistungsdiagnostik betrieben werden. Dazu werden nach verschiedenen Methoden sogenannte „Schwellen“ bestimmt. Diese Schwellen sind kennzeichnend für die Grundlagenausdauer eines Sportlers: Je höher die Schwellen, desto besser die Ausdauer. Neben dieser Aussage über den aktuellen Leistungsstand lassen sich aus Schwellen auch Empfehlungen für das Training ableiten. Im Ausdauertraining wird üblicherweise mit unterschiedlichen Intensitätsbereichen gearbeitet: regenerativ, extensiv, intensiv, Intervalltraining. Diese Bereiche lassen sich für jeden Sportler individuell voneinander abgrenzen, wenn man die Laktatschwellen als Bezug nutzt. Es lässt sich auf diese Weise festlegen, mit welcher Herzfrequenz oder welcher Geschwindigkeit die Bereiche getroffen werden.

Frage : Zu welchem Zeitpunkt sollte ein Laktattest durchgeführt werden?

Meyer: Der Schwerpunkt des Ausdauertrainings liegt während einer Saison üblicherweise in den Vorbereitungsphasen vor Hin- und Rückrunde. Deswegen ist es sinnvoll, einen Laktattest zu Beginn der Vorbereitung durchzuführen, um dann eine präzise Einschätzung des Status quo zu bekommen und das Training entsprechend steuern zu können. Sinnvollerweise testet man erneut am Ende des Trainingsabschnitts, in dem schwerpunktmäßig die Ausdauer trainiert wurde, um zu kontrollieren, wie effektiv das Training war.

Frage : Dann ist eine solche Testung während der Saison nicht sinnvoll?

Meyer: Das hängt auch von der Spiel- und Trainingsphilosophie ab. Wenn man beispielsweise ein sehr laufintensives System spielt, in dem die Grundlagenausdauer während der gesamten Saison eine bedeutende Rolle spielt, dann kann man einen Laktattest auch häufiger durchführen.

Frage : Würden Sie auch Amateurmannschaften raten, bei ihren Spielern Laktattests durchzuführen?

Meyer: Das Kosten-Nutzen-Verhältnis muss stimmen, und da habe ich meine Zweifel, ob der Ertrag eines Laktattests für Amateurmannschaften in einem angemessenen Verhältnis zum finanziellen Einsatz steht. Man bekommt so einen Test ja nicht für 20 Euro pro Person, denn auch für die testende Institution ist so ein Test mit einigem Aufwand verbunden. Und selber auf die Beine stellen lässt sich ein solcher Test auch kaum, weil viel Expertise dazu gehört, ihn vernünftig durchzuführen und auszuwerten. Aber überall dort, wo professionelle Spieler sind, also in den ersten vier, fünf Ligen, glaube ich, dass eine Laktatdiagnostik auch bei kritischer Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses Sinn ergibt.

Frage : Gibt es kostengünstigere Alternativen zum Laktattest?

Meyer: Ja, aber sie sind weniger präzise. Ein einfacherer Test ist beispielsweise der Cooper-Test. Zwölf Minuten laufen: wie weit kommen die Spieler? Auch so lässt sich abschätzen, wie die Ausdauer ist. Und wenn ein Trainer beispielsweise lediglich das Ziel verfolgt, die Mannschaft in drei Gruppen einzuteilen - gut, mittel, schlecht -, kann er das auch mit dem Cooper-Test schaffen. Aber natürlich ist die Aussage eines Laktattests viel individueller und differenzierter und deswegen besser für eine exakte Trainingssteuerung geeignet.