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"Ein Trainer kann seinen Spielern sagen, dass sie kombinieren oder direkt spielen sollen, oder er kann Situationen schaffen, durch die sie dazu gezwungen werden". So beschreibt Christoph Biermann in dem Buch 'Die Fußball-Matrix' das, was Volker Finke als Trainer des SC Freiburg den 'geheimen Lehrplan' nannte. Die Idee, im Training "Bedingungen zu schaffen, die automatisch für eine bestimmte Spielweise sorgen, ohne dass sie abstrakt erklärt werden müssen", ist attraktiv. Doch lassen sich so auch mannschaftstaktische Abläufe vermitteln? Und welche Vorgaben provozieren welches Verhalten? In unserer Mini-Reihe zum Thema gehen wir diesen Fragen auf den Grund. Teil 1 stellt den 'geheimen Lehrplan' als Trainingsprinzip vor.
Taktische Schwerpunkte in Spielformen zu trainieren, ist kein neuer methodischer Ansatz. Viele Trainer greifen schon sehr lange auf Spielformen zurück, um möglichst komplex zu trainieren oder zuvor erlernte Abläufe unter Druck zu festigen. Die Idee des 'geheimen Lehrplans' führt jedoch wesentlich weiter: Zunächst folgt der 'geheime Lehrplan' einer konkreten Spielidee, deren Grundelemente durch wiederkehrende Spielformen gezielt erarbeitet, stabilisiert und automatisiert werden. Bevorzugt der Trainer ein variables Kombinationsspiel, wählt er Spielformen, die das Zusammenspiel unter Druck, das Spiel ohne Ball oder Spielverlagerungen akzentuieren. Soll dagegen nach einer Balleroberung möglichst rasch auf Angriff umgeschaltet werden, stellt er die Balleroberung, das Spiel in die Tiefe oder den zielstrebigen Torabschluss in den Mittelpunkt.
Methodisch unterscheidet sich der 'geheime Lehrplan' vor allem dadurch, dass der Trainer das taktische Verhalten nicht vorgibt, sondern die Spielform so steuert, dass das gewünschte Verhalten automatisch hervorgerufen wird. Die Spieler orientieren sich an den Bedingungen der Spielform und folgen so dem 'geheimen Lehrplan'.
Freie Spielformen akzentuieren keine spezielle Spielweise. Ob sich die Mannschaften nach einem Ballverlust im Angriffsdrittel zurückziehen oder den Ballführenden sofort wieder unter Druck setzen, ist ihnen ebenso überlassen, wie das Verhalten bei eigenem Ballbesitz. Von einem direkten Angriffsspiel mit vielen langen Bällen, über ein variables Kurzpassspiel bis hin zu Spielverlagerungen ist vieles möglich. Natürlich könnte der Trainer einfach vorgeben, am Flügel in den Rücken der Abwehr zu kombinieren oder im Spielaufbau das Mittelfeld zu überspielen, wie häufig diese Spielsituation tatsächlich entsteht, kann er aber nicht steuern. Zudem ist er davon abhängig, dass die Spieler die Vorgaben verstanden haben und im freien Spiel sofort umsetzen können.
Um die Grundelemente seiner Spielphilosophie herauszuarbeiten, nutzte Volker Finke daher ganz unterschiedliche Spielformen. Mal unterteilte er das Spielfeld in Zonen und ließ auf zwei nach außen gedrehte Tore spielen. Ein anderes Mal wurden vier Tore diagonal gegenüber errichtet. Treffer dürften nur nach einem Rückpass erzielt werden.
Durch die Veränderung der hier aufgeführten Parameter kann der Trainer ganz unterschiedliche Lerneffekte erzielen. Recht viele Trainer werden also inzwischen – bewusst oder unbewusst – Spielformen nach dem Prinzip des 'geheimen Lehrplans' entwickelt und ihrer Spielidee entsprechend modifiziert haben.