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GER gegen NED mal anders schauen: Kriterien der Spielbeobachtung

Mal wieder steht das ewige Fußball-Duell zwischen Deutschland und den Niederlanden kurz bevor. Und schon steigt der Adrenalin-Pegel nicht nur bei den Spielern, sondern auch bei Funktionären und Fans. Diesmal aber treten der DFB und der KNVB nicht nur auf dem Rasen gegeneinander an: Beide Verbände haben aus jeweils 16 Teilnehmern je ein Analyse-Team gebildet, die das Spiel in der Nacht nach dem Match in allen möglichen Belangen 'auf links' drehen und dann am folgenden Tag ihre Ergebnisse präsentieren. Eine Jury kürt schließlich den Analyse-Sieger. Doch auch der 'normale' Fußball-Fan kann mehr aus einem Länderspiel ziehen, als nur einen netten Abend mit Freunden zu verleben. Im Gegensatz zum professionellen Scout steht ihm bei der Spielbeobachtung jedoch zumeist nur der Fernseher im heimischen Wohnzimmer als technische Unterstützung zur Verfügung – trotz der zahlreichen Kameras im Stadion nicht unbedingt das umfassendste Hilfsmittel.

Scouts – Profis im Hintergrund

Wenn sich die Scouts der Vereine und Verbände zum Sichten aufmachen, kommen sie fast immer mit einer großen Menge an Daten wieder zurück, die sie in ihren Analysesystemen speichern. Entsprechend stehen den Sichtern oftmals schon im Vorfeld der eigentlichen Sichtungsmaßnahme umfassende Informationen zur Verfügung, die diese in ihre Bewertungen einfließen lassen können. Außerdem ist es ihnen oftmals egal, wie weit sie reisen müssen, um ein Team oder einen bestimmten Spieler im Stadion oder gar zuhause im Training in natura sehen zu können.

Kehren die Analysten schließlich von ihren Einsätzen zurück, tauschen sie sich mit den Trainern und Managern aus. In jedem Fall kann sich der Trainer darauf verlassen, in Spielbesprechungen auf die Erkenntnisse über einen bestimmten Gegner zurückgreifen zu können. Ebenso hilfreich ist es für einen Manager, dass ihm bestimmte Daten über einen Spieler zur Verfügung stehen, den es zu verpflichten gilt.

Bis in welches Detail sich die Erfassung von Daten im Profibereich auch erstrecken mag – Daten über Spieler oder Gegner sind in jeder Leistungsklasse von hohem Wert. Und die Kriterien, die bei einer Spiel- oder einer Spielerbeobachtung eine Rolle spielen, unterscheiden sich dabei kaum.

Welches Ziel verfolge ich?

Die Art und Weise, wie ein Scout ein Spiel betrachtet, hängt in hohem Maße vom Einsatzzweck ab.

Zielsetzung

  • Bewertung der Leistungsfähigkeit eines bestimmten Spielers
  • Erstellung eines Stärken-/Schwächen-Profils
  • Gegebenenfalls Verpflichtung für den eigenen Mannschaftskader bzw. Einladung für ein Auswahlteam

Vorbereitung

  • Zusammenstellung von im Vorfeld zur Verfügung stehenden Daten über den Spieler sowie früheren Scoutingergebnissen
  • Auswahl einer geeigneten Spiel- oder Trainingsmaßnahme für das Scouting

Scoutingkriterien

  • Stärken und Schwächen (Technik, Taktik, Kondition, Psyche)
  • Verhalten mit/gegen den Ball
  • Einfluss auf das Spiel der eigenen Mannschaft bzw. den Spielausgang
  • Randnotizen (Kommunikation, Verhalten usw.)

Nachbereitung

  • Abgleich der gewonnenen Erkenntnisse mit der Zielsetzung (Erwartungen bestätigt, Eignung ja/nein usw.)
  • Gezielte Rückmeldung an die jeweiligen Gremien im Verein/Team
  • Niederschrift der gewonnenen Erkenntnisse für eine spätere Verwendung
  • Gegebenenfalls Kontaktaufnahme mit dem betreffenden Spieler

Zielsetzung

  • Bewertung der Leistungsfähigkeit einer bestimmten Mannschaft
  • Erstellung eines Stärken-/Schwächen-Profils
  • Möglichst umfassende Erfassung des Verhaltens in bestimmten Spielsituationen (Teamphilosophie)
  • Identifizierung von Leistungsträgern und Schwachpunkten
  • Gezielte Informationsweitergabe an den eigenen Trainer für Ableitung eigener Spielstrategien und Gegenmaßnahmen

Vorbereitung

  • Zusammenstellung von im Vorfeld zur Verfügung stehenden Daten über die Mannschaft (Spieler, bisherige Ergebnisse, Tabellenstand, Stärken/Schwächen usw.)
  • Auswahl einer geeigneten Spiel- oder Trainingsmaßnahme für das Scouting

Scoutingkriterien

  • Stärken und Schwächen der Mannschaft (Technik, Taktik, Kondition, Psyche)
  • Grundformation
  • Verhalten mit/gegen den Ball (z. B. Pressingzonen, Spielzüge usw.)
  • Identifizierung von Leistungsträgern und Schwachpunkten
  • Verhalten bei Standardsituationen (Ecken, Freistöße usw.)
  • Verhalten bei Führung und/oder Rückstand (Änderung Grundformation, Änderung taktische Prinzipien usw.)
  • Einfluss von Ein-/Auswechslungen
  • Spielverlauf und Endergebnis
  • Randnotizen (Kommunikation, Trainerverhalten usw.)

Nachbereitung

  • Verfassen eines ausführlichen Analysereports
  • Speicherung alles Erkenntnisse für spätere Verwendung im Vereinsarchiv
  • Vergleich der Erkenntnisse mit dem Leistungsvermögen und der Spielphilosophie der eigenen Mannschaften
  • Ableitung konkreter Maßnahmen für ein eventuell bevorstehendes Spiel
  • Gezielte Rückmeldung an die jeweiligen Gremien im Verein/Team (z. B. Trainer)

Zielsetzung

  • Bewertung der Leistungsfähigkeit der eigenen Mannschaft
  • Erkennen von aktuellen Trends
  • Gezielte Vorbereitung einer Spielanalyse

Vorbereitung

  • Zusammenstellung von Ergebnissen früherer Spielbeobachtungen (Spieler, bisherige Ergebnisse, Tabellenstand, Stärken/Schwächen usw.)
  • Abstimmung konkreter Beobachtungsziele mit dem Trainer (z. B. eigenes Verhalten in bestimmten Spielsituationen)
  • Besprechung vorangegangener Trainingsziele und der angestrebten Spielstrategien
  • Auswahl einer geeigneten Spiel- oder Trainingsmaßnahme für das Scouting

Scoutingkriterien

  • Stärken und Schwächen der (eigenen) Mannschaft (Technik, Taktik, Kondition, Psyche)
  • Bei fremden Mannschaften die Grundformationen beider Teams
  • Verhalten mit/gegen den Ball (z. B. Pressingzonen, Spielzüge usw.)
  • Bewertung der individuellen Leistung von Spielern
  • Verhalten bei Führung und/oder Rückstand (Kommunikation, Reaktionen usw.)
  • Spielverlauf und Endergebnis
  • Randnotizen

Nachbereitung

  • Abgleich der Erkenntnisse mit den zuvor besprochenen Zielsetzungen bzw. den eigenen Erwartungen
  • Ableitung von Fragestellungen für die Zukunft (Trainingsziele, Entwicklung neuer Strategien, Trends)
  • Speicherung der Erkenntnisse für spätere Verwendung im Vereinsarchiv
  • Besprechung der Sichtungsergebnisse mit den jeweiligen Gremien im Verein/Team (z. B. Trainer)
  • Gegebenenfalls Durchführung einer gezielten Spiel-/Videoanalyse mit dem Team

Wer also Lust und die notwendige Zeit hat, kann ein gezieltes Scouting nach den oben genannten Kriterien jederzeit auch im eigenen Vereinsumfeld betreiben oder eben nur in seiner Eigenschaft als interessierter Fußball-Fan und Beobachter. Genau hinschauen lohnt sich immer – egal ob am TV, im Stadion oder auf dem Trainingsplatz.