Aktuell technische Probleme bei FUSSBALL.DE.
An der Lösung des Problems wird mit Hochdruck gearbeitet.
Wir bitten um euer Verständnis.
Die Lockdown-Phase ohne Mannschaftstraining gibt den Trainern die Gelegenheit, auch die eigene Spielphilosophie einmal kritisch unter die Lupe zu nehmen. Hier gilt es, gezielt Eindrücke zu sammeln. Auch das bewusste Schauen von Spielen aus dem Profibereich kann hilfreich sein. Heute stellen wir das Offensivspiel von Zweitligist Greuther Fürth näher vor. Zu betrachten ist dieses schon heute Abend im Ligaspiel gegen den SV Darmstadt.
Die Spielvereinigung überzeugt in der aktuellen Saison mit erfrischendem Angriffsfußball und belegt derzeit überraschend einen Aufstiegsplatz. Der Kader ist mit einem Altersdurchschnitt von 24,3 Jahren das jüngste Team der Liga und gespickt mit talentierten Spielern wie Paul Jaeckel (22 Jahre) und David Raum (22 Jahre) – beide gaben kürzlich ihr Debüt in der U 21-Nationalmannschaft – die durch erfahrene Spieler wie Mergim Mavraj (34 Jahre) oder Branimir Hrgota (27 Jahre) sinnvoll ergänzt werden.
Die Fürther agieren größtenteils in einem 4-3-1-2-System, alternativ auch einem 3-4-2-1. Sie überzeugen mit einem hochwertigen Bewegungs- und Kombinationsspiel und einer gleichmäßigen Raumaufteilung, durch die sie stets die Verbindungen zueinander halten können. Die "Kleeblätter" haben mit durchschnittlich 53 Prozent den fünfthöchsten Ballbesitz der Liga und spielen im Schnitt 15,5 Torschüsse pro Spiel heraus, wovon sie durchschnittlich sechs Schüsse auf das Tor bringen. Darüber hinaus stellen sie mit 22 Toren – davon 15 Tore aus dem Positionsangriff – den erfolgreichsten Angriff der Liga. Dabei teilt sich die Anzahl der Tore auf neun(!) verschiedene Spieler auf.
Im Aufbauspiel beschränkt sich die Fürther Ballzirkulation hauptsächlich auf die Viererkette und den "Sechser". Aus dieser gehen sie mit einem plötzlichen Rhythmuswechsel in ein schnelles und vertikales Passspiel in die Spitze über. Dabei greifen sie bevorzugt über die Außen- und Halbspuren an. Im vorderen Bereich greift dann das abgestimmte taktische Verhalten zwischen den Mannschaftsteilen. Die "Achter" und der "Zehner" suchen den Kontakt zu den Stürmern, und die Flügelverteidiger halten die Breite. Durch die klaren Abläufe und die Dynamik aller Angreifer gelingt es oftmals, situativ Überzahl zu schaffen und sich dadurch in aussichtsreiche Positionen zu kombinieren.
Nach einer kurzen Passkombination ist Mavraj in Ballbesitz, wobei er außerhalb seines Sichtfeldes vom offensiven Mittelfeldspieler (OMF) unter Druck gesetzt wird. Mavraj nimmt die Situation frühzeitig wahr, dribbelt quer zur Spielrichtung und passt zu Hrgota (nicht im Bild) in die Tiefe.
Mit dem Vertikalpass rückt David Raum vor und läuft zielstrebig in die Tiefe. Hrgota nimmt an und mit und dribbelt auf die gegnerische Abwehr zu.
David Raum setzt seinen Lauf fort und kreiert eine ballnahe Überzahl, wodurch Hrgota unbedrängt in dessen Lauf passen kann. Mit dem Pass in die Tiefe rücken weitere Angreifer wie Mittelfeldspieler Seguin nach.
David Raum, der einen Bewegungsvorsprung gegenüber den Verteidigern hat, erläuft das Zuspiel und passt mit dem ersten Kontakt in den Strafraum. Dort hat Fürth erneut eine Überzahl, die Seguin mit dem Laufweg zum ballfernen Pfosten nutzen und die Hereingabe freistehend verwerten kann.
Die vielen Spieler in der Spielfeldmitte sowie deren Abläufe sorgen in der Regel dafür, dass sich die gegnerische Abwehrreihe zusammenzieht. Dadurch öffnen sich die Außenspuren, die sich Greuther Fürth oftmals mit Hilfe der hoch agierenden Außenverteidiger zu Nutze macht. Diese rücken im passenden Moment nach und bieten tororientierte Läufe an. Bei einem Pass haben sie deutlichen Bewegungsvorsprung gegenüber den Verteidigern, die keine Möglichkeit haben, sich kontrolliert hinter den Ball zurückzuziehen und somit direkt eingreifen müssen. Gelingt ein Durchbruch in den Rücken der Abwehr, so orientieren sich die Angreifer zielstrebig in Richtung Tor und besetzen den Strafraum.
Hrgota dribbelt in der Zentrumsspur, woraufhin sich die gegnerische Defensive eng zusammenzieht und so die Außenspuren öffnet. Hrgota gelingt im letzten Moment ein Pass zu Ernst, der aufgrund des direkten Gegenspielers nach hinten mitnimmt und auf den freistehenden Seguin ablegt.
Der hat ein optimales Sichtfeld für die Spielfortsetzung und passt zu Meyerhöfer in den Lauf, der frühzeitig den Raum im Rücken der Abwehr anläuft. Mit dem Pass rücken die ballnahen Spieler wie Hrgota umgehend in den Strafraum nach.
Meyerhöfer erläuft das Zuspiel und bindet den ballnahen Verteidiger, wodurch Hrgota im Rückraum freisteht. Meyerhöfer passt zu Hrgota, der das Zuspiel mit einem präzisen Schuss in die ballferne Ecke verwertet.
Ein weiteres vielgenutztes Angriffsmittel ist das Hinter- bzw. Vorderlaufen. Den Fürthern gelingt es oftmals, im abgestimmten Zusammenspiel zwischen Außenverteidiger und Stürmer in den Rücken der Abwehr zu gelangen. Der Ablauf ist simpel: Der Ballbesitzer bindet den stellenden gegnerischen Verteidiger in den äußeren Zonen, indem er ihn andribbelt. Ein naher Außenverteidiger läuft mit höchstem Tempo eng hinter oder vor dem Ballbesitzer her und schafft so eine 2-gegen-1-Überzahl. Der Ballbesitzer kann in die Bewegung des Hinter- bzw. Vorderlaufenden passen oder alleine durchbrechen.
Nach einem Seitenwechsel ist Hrgota in Ballbesitz und dribbelt in Richtung Strafraum, wobei er den gegnerischen Außenverteidiger (AV) bindet. Gleichzeitig hinterläuft Meyerhöfer seinen Mitspieler und kreiert eine 2-gegen-1-Überzahl.
Diese nutzen die beiden Fürther, indem Hrgota an der Strafraumgrenze im richtigen Moment zu Meyerhöfer in den Lauf passt. Der befindet sich zum Zeitpunkt des Abspiels auf Höhe der Abseitslinie und hat einen Bewegungsvorsprung gegenüber dem AV.
Mit dem ersten Kontakt passt Meyerhöfer entgegen der Laufrichtung des AVs in den Rückraum, wo Ernst keinen direkten Gegnerdruck hat. Hrgota nimmt das Zuspiel wahr und orientiert sich zu Ernst.
Mit der An- und Mitnahme gerät Ernst unter Druck, sodass dieser auf den eng umlaufenden Hrgota ablegt. Hrgota dribbelt quer zur Spielrichtung und schließt auf das Tor ab. Der Torschuss wird jedoch vom Torwart pariert.
Wer sich für mehr taktische Inhalte aus dem Profibereich interessiert, für den haben wir unter "Themenverwandte Links" die bisherigen Analysen der Vereine Borussia Mönchengladbach, RB Leipzig und VfB Stuttgart angehängt.
Autor: Christopher Toetz / Philippka