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Taktikanalyse Italien: Locken und Verlagern

Auf der Internetseite der DFB-Akademie analysieren derzeit Experten Spielszenen und Mannschaften der EURO 2020. Wir greifen diese Beobachtungen auf und liefern den Trainerinnen und Trainern geeignete Trainingsformen aus dem reichhaltigen Archiv von "Training & Service". Heute widmen wir uns der Italien-Analyse. Mit Trainer Roberto Mancini wurde ein neuer Weg eingeschlagen. Er lässt die Squadra Azzurra deutlich offensiver spielen. Die Mannschaft zeigt eindrucksvoll, wie sie insbesondere durch geschicktes Locken und Verlagern Torchancen herausspielen kann.

Souveräne Vorrunde

Italien spielte eine souveräne EM-Vorrunde und sicherte sich bereits nach zwei Spielen gegen die Türkei und die Schweiz das Achtelfinal-Ticket. Dabei zeigten sie, dass der übliche "Catenaccio" Geschichte ist und sie stattdessen mit variablem und kreativem Angriffsfußball begeistern.

Schnell von der linken auf die rechte Seite

Mancini lässt zwar im 4-3-3 spielen, jedoch ist die Struktur bei Ballbesitz eine andere: Der rechte Außenverteidiger bildet mit den Innenverteidigern eine Dreierkette. Der linke Außenverteidiger schiebt hoch und der linke Flügelspieler positioniert sich im Halbraum. Auch zwei der Zentrumsspieler halten sich im linken Halbraum und/oder im Zentrum auf, um diese Seite zu überladen. Auf der ballfernen Seite sorgt lediglich der rechte Flügelspieler für Breite.

Durch Positionierungen im (Zwischen-)Raum, Positionswechsel und schnellem Kurzpassspiel versuchen die Italiener mit Erfolg, möglichst alle Situationen spielerisch zu lösen. Hierdurch rückt auch der gegnerische Defensivverbund nach links, um hier den ballnahen Raum zu verengen. Dadurch wiederum ist der ballferne Raum auf der rechten Seite häufig personell unterbesetzt. Dies nutzt die Squadra Azzurra, um schnell auf den isolierten Flügelspieler zu verlagern, der dann blitzschnell das 1 gegen 1 sucht.

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Mit dem Ballführenden Chiellini sowie Jorginho, Spinazzola und Insigne überlädt Italien die linke Spielfeldseite. Chiellini passt zu Locatelli, der aufdreht.

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Mit dem diagonalen Pass von Locatelli zu Barella sind acht Türken in Ballnähe gebunden. Berardi schafft mit seiner Positionierung Breite auf der anderen Seite.

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Barella passt zu Berardi, der in Richtung Strafraum dribbelt und vom türkischen AV aufgenommen wird.

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Berardi setzt sich im 1 gegen 1 gegen den AV durch.

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Berardi spielt in den Torraum, wo der Ball von einem türkischen IV zum 1:0 ins Tor gelenkt wird.

Von der Analyse auf den Platz

Das eine ist, ein taktisches Element wie das der Italiener zu analysieren. Das andere, es auf das Niveau des eigenen Teams herunterzubrechen und die betreffenden Fähigkeiten selbst auf dem Platz zu trainieren. Denn die Anforderungen eines solch komplexen taktischen Elements sind sehr hoch. Es bedarf einer hohen technisch-taktischen Qualität, um durch Kombinationen auf engem Raum, den Gegner auf eine Seite zu locken und dann mittels einer schnellen Verlagerung präzise aus dem Druck herauszuspielen.

Organisation

  • Auf einer Spielfeldhälfte 1 Tor mit Torhüter, 2 Dribbellinien (Breite: 10 Meter) und 1 Minitor aufstellen
  • In einer 15 Meter tiefen Mittelzone je 1 Außenquadrat markieren
  • 1 Neuner-Team Blau und 1 Siebener-Team Rot bilden

Ablauf

  • In einem seitlichen Quadrat der Mittelzone spielt Blau im 4 gegen 3 auf Ballhalten.
  • Die übrigen Spieler (5 blaue und 4 rote) verteilen sich in den anderen Mittelzonen.
  • Nach 5 Pässen in Folge verlagert Blau und greift auf das Tor an.
  • Treffer nach einer Verlagerung in das gegenüberliegende Quadrat zählen doppelt.
  • Rot kontert nach Ballgewinn auf das Minitor und die beiden Dribbellinien.

Tipps und Korrekturen

  • Präzises Passspiel
  • erster Kontakt in den freien Raum
  • "Spielen und Gehen" unter Druck
  • Kommunikation ("Dreh"/"Klatsch")
  • schnelle, möglichst flache Spielverlagerungen

Organisation

  • Die Mannschaften beibehalten
  • In einer Spielfeldhälfte 1 Tor mit Torhüter sowie gegenüber 2 Dribbellinien (Breite: 10 Meter) und 1 Minitor aufstellen
  • 25 Meter vor dem Großtor 1 Abseitslinie markieren
  • Zusätzlich die Zone bis zur Mittellinie in der Mitte teilen und in der rechten Zonenhälfte eine Dribbelzone markieren

Ablauf

  • Blau spielt im 8 gegen 7 in der linken Zonenhälfte und darf in den Strafraum eindringen, um einen Treffer zu erzielen.
  • 1 weiterer Angreifer wartet vor der Abseitslinie in der anderen Zonenhälfte.
  • Blau darf nach 6 Pässen in Folge in die andere Hälfte verlagern.
  • Rot kontert nach Ballgewinn auf das Minitor und die Dribbeltore.

Tipps und Korrekturen

  • Präzises Passspiel
  • erster Kontakt in den freien Raum
  • "Spielen und Gehen" unter Druck
  • Kommunikation ("Dreh"/"Klatsch")
  • schnelle, möglichst flache Spielverlagerungen

Organisation

  • Ein 30 x 30 Meter großes stoppschildförmiges Feld in 4 gleich große Zonen unterteilen
  • Hinter den diagonalen Zonenlinien je 1 Minitor aufstellen
  • 2 Teams zu je 8 Spielern bilden
  • 4 Neutrale bestimmen und 2 davon an gegenüberliegenden Linien postieren
  • Die anderen beiden agieren als Neutrale im Feld

Ablauf

  • 8 plus 4 gegen 8 auf Ballhalten
  • Nach 3 Pässen in Folge in einer Zone versuchen die Ballbesitzer, in eine der anderen Zonen zu verlagern (= 1 Punkt).
  • Nach einer Balleroberung ist ein sofortiger Zonenwechsel erlaubt.

Variationen

  • Mit maximal 2 Kontakten spielen.
  • Nach einem erfolgreichen Wechsel darf auf das jeweilige Minitor gespielt werden (= 1 Zusatzpunkt).
  • 9 plus 2 gegen 9 spielen.

Tipps und Korrekturen

  • Präzises Passspiel
  • erster Kontakt in den freien Raum
  • "Spielen und Gehen" unter Druck
  • Kommunikation ("Dreh"/"Klatsch")
  • In Ballnähe gezielt Überzahl schaffen, um die Ballzirkulation unter Druck zu erleichtern.
  • Die anderen Felder mindestens einfach besetzen, damit die Option zur Verlagerung besteht.

Autor: Thomas Stillitano / Philippka