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Verteidigen aus und mit Prinzip: Strafraumverteidigung

Ist der Ball noch weit entfernt vom eigenen Tor, so greifen im modernen Fußball die meisten Teams auf eine ballorientierte Raumverteidigung zurück. Dabei schiebt das Team die Räume zu, die akut vom ballführenden Gegner "bedroht" werden und orientiert sich in diesen Räumen an potenziellen Anspielmöglichkeiten. Doch was, wenn die ersten Linien überspielt wurden und der Gegner den Angriff auf die Tiefe hinter der Kette vorbereitet?

Abstimmungsprobleme gibt es gerade beim Nach-hinten-Verteidigen immer wieder: Laufen die Verteidiger*innen in Richtung des eigenen Tores, so ist es für den Gegner oftmals ein Leichtes, sich in deren Rücken zu positionieren und so dem Zugriff zu entziehen.

Das Hauptaugenmerk liegt in diesen Situationen häufig auf dem/der ballführenden Angreifer*in. Ist der Ball dann aber gespielt, ist die Verwunderung groß, wenn der Torabschluss im Strafraum trotz Überzahl der Verteidigung plötzlich völlig ohne Gegnerdruck erfolgen kann. Fragende und vorwurfsvolle Blicke werden zwischen den Verteidiger*innen ausgetauscht. In der Kabine folgt dann die Diskussion mit dem/der Trainer*in. Aber wer war denn nun wirklich zuständig? Um einer solchen Diskussion vorzubeugen, können Trainer*innen schon vor dem Spiel eine klare Zuteilung vorgeben.

Ist bekannt, dass der Gegner einen großen Keilstürmer im Zentrum aufbietet, so sollte dementsprechend auch der größte Innenverteidiger auf diesen angesetzt werden. Teilt eure Verteidiger ihren Stärken entsprechend den Gegenspielern zu und versucht sogenannte „Missmatches", also Zuordnungen, in denen ein Spieler dem anderen in elementaren Punkten unterlegen ist, zu vermeiden.



Spätestens bei der Halbzeitansprache sollte man erkannt haben, welcher Spieler mit welcher Rückennummer wo spielt. Ordnet eure Verteidiger also den entsprechenden Spielern zu, sodass die Frage wer denn nun wen hätte nehmen sollen gar nicht aufkommen kann.


Wenn weder die körperliche Konstitution noch die Rückennummern eine klare Zuordnung möglich machen, dann sollte zumindest eine pauschale Einteilung nach Positionen erfolgen. Die beiden Innenverteidiger kümmern sich dann beispielsweise um die beiden Spitzen, oder die eine Spitze und den nachstartenden Zehner, während die Außenverteidiger sich den entsprechenden Außenspielern auf ihrer Seite zuordnen.


Vorteile der ballorientierten Raumverteidigung

Solange sich der Ball vor der Kette befindet und die Verteidiger*innen das eigene Tor im Rücken haben, besteht für sie die Möglichkeit des Nach-vorne-Verteidigens. In dieser Phase des Spiels gegen den Ball ist es meist einfacher, die Abstände auf und zwischen den Linien einzuhalten und die richtigen Gegenspieler*innen zu decken. Wie eingangs erwähnt, verschiebt die gesamte Mannschaft in ihrer Defensivformation ballorientiert und schließt so die Räume.

Alle ballnahen Anspielmöglichkeiten werden – je nach taktischer Vorgabe – zugestellt, gedeckt oder durch eine Mischung aus beidem aus dem Spiel genommen. Diese Art der Verteidigung gewährleistet zum einen, dass sich die Ketten nicht so leicht manipulieren lassen wie bei der Manndeckung (z. B. durch Kreuzen/Hinterlaufen) und zum anderen, dass kontinuierlich im Verbund Druck aufgebaut werden kann, der wiederum zu Fehlern der Ballbesitzer führt. Doch diese Vorteile verlieren sich, sobald die letzte Verteidigungslinie überspielt wurde und es langsam aber sicher an die aktive, direkte Torverteidigung geht.

"Je näher zum eigenen Tor, desto näher am Gegner!"

Dieses Prinzip entspringt den defensiven Leitlinien der Spielvision des DFB und bedeutet im Grunde, dass bei der aktiven Torverteidigung von ballorientierter Raum- auf Manndeckung umgestellt wird. Besonders im Strafraum müssen sich die Verteidiger*innen klar im 1 gegen 1 ihren Gegenspieler*innen zuordnen, um Hereingaben in den torgefährlichen Raum optimal verteidigen zu können. Gerade in Überzahlsituationen wägen sich Verteidiger*innen häufig in Sicherheit und geben Verantwortung für torgefährliche Gegenspieler*innen ab, ohne dies zu kommunizieren. Denn auch, wenn vor dem Spiel eine klare Zuordnung vorgegeben wurde, kann es natürlich immer wieder mal zu Positionswechseln und -rochaden beim Gegner kommen. Dies gilt es für die Verteidiger*innen schnell zu erkennen und deutlich zu kommunizieren, sodass die Zuordnung auch kurzfristig noch erfolgreich gestaltet werden kann. Auch hier gibt es einige typische Fehler, die sich leicht vermeiden lassen.

Diesen Ausruf hört man in so gut wie jedem Spiel mindestens einmal. Der Hinweis, dass ein Spieler gerade mit zwei Gegnern beschäftigt ist, deutet schonmal auf eine problematische Zuteilung hin, löst dieses Problem aber natürlich noch nicht. In diesen Situationen gilt es Ruhe zu bewahren und den Spieler aus der eigenen Mannschaft zu adressieren, der seine Defensivaufgabe gerade nicht ausreichend erfüllt.


Auch dieser Spruch fällt gerne häufiger in einem Fußballspiel und basiert auf dem Irrtum, dass im Fußball alles vorherseh- und berechenbar ist. Die Spieler sollten stets dazu angehalten werden, Verantwortung zu übernehmen und auch Situationen zu klären, für die sie sich eigentlich nicht zuständig fühlen.


Ein gut gemeintes Kommando, das verheerende Folgen haben kann. Schließlich gibt es zwei Richtungen, in die der adressierte Spieler über die Schulter in seinen Rücken schauen kann. Und wie das mit 50-50-Entscheidungen so ist, wird meist die falsche getroffen. Daher erfreut sich in den letzen Jahren das klare Kommando „linke" bzw. „rechte Schulter" stetig wachsender Beliebtheit.


Aus den Leitlinien des DFB eigene Prinzipien zu schaffen, lässt sich gut mit Hilfe von "Wenn-dann-Formulierungen" realisieren. Diese sind für Spieler*innen leicht greifbar und können dementsprechend einfach in Trainingsformen und während des Spiels abgerufen werden. Wie genau diese Formulierungen aussehen, ist stets abhängig von der individuellen Spielphilosophie der zuständigen Trainer*innen. Wer beispielsweise gerne hoch verteidigen lässt, wird voraussichtlich zu einem anderen Zeitpunkt auf Manndeckung umstellen lassen, als Trainer*innen, die ihre Verteidigungslinie lieber etwas tiefer stehen sehen. Als übergeordnete Formulierung lässt sich jedoch festhalten: "Wenn der Gegner unsere letzte Verteidigungslinie überspielt hat, dann gehen wir zur Manndeckung über."